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Wie konnte es dazu kommen?

Erstellt vom LK Geschichte 12 (2021/22)


Fragen- und Antwortkatalog für und von Schülerinnen und Schülern zu Verfolgung, Vernichtung und Massenmord in der NS-Zeit

Wie kam es zum Faschismus?

Woher stammt der Rassismus der Nationalsozialisten?

Warum nutzen die Nationalsozialisten den Begriff „Arier“ und zu welchem Zweck?

Welche Moralvorstellungen erklären die Taten der Nationalsozialisten?

Warum waren die Maßnahmen gegen die Juden so extrem?

Warum waren die Juden Feindbild Nr. 1 im Nationalsozialismus?

Was hatte Nietzsches Vorstellung vom Übermenschen mit der Vernichtung zu tun?

Was hat Nietzsches Vorstellung vom Übermenschen mit der Vernichtung zu tun?

Wie sollte die „Reinheit“ der „Arischen Rasse“ hergestellt werden?

Was wollte man mit der Eugenik erreichen?

Wie wurden Juden legal unterdrückt?

Welche Rassen wurden in der Propaganda der Nationalsozialisten als minderwertig eingestuft?

Warum verfolgte man Sinti und Roma?

Wie änderte das Freund-Feind-Bild die Menschen?

Welche Wirkung und Bedeutung hatten die Massenmedien bei der Verbreitung der Propaganda auf die Bürger?

Warum wurde das System von so vielen geduldet?

Wie vereinnahmen die Nationalsozialisten Kinder und Jugendliche?

Wieso unterstützte die Wehrmacht die SS bei den Massenmorden?

Wie vertreten die Soldaten ihre Taten vor sich selbst?

Wie wirkte sich der Gebrauch von Drogen bei der Vernichtung aus?

Warum meinten einige Soldaten, dass nur der Zeitpunkt der Vernichtung schlecht gewählt gewesen sei?

Sich verweigern: Wie behandelte man Deserteure?

Warum sind nicht alle Juden geflohen?

Welche Rolle spielten die Kirchen?

Wieviel wusste die Bevölkerung über die Vernichtung der Juden?


Wie kam es zum Faschismus?

Der Faschismus ist eine rechtsradikale politische Bewegung, die die Werte der Demokratie verachtet. Die Herrschaftsform ist eine Diktatur, wobei alle Parteien bis auf die herrschende verboten werden. Gegner dieser Bewegung werden verfolgt, eingesperrt und gefoltert. Der Begriff geht auf die italienische Diktatur Benito Mussolinis zurück, die bereits 1925 bestand. Faschismus leitet sich vom lateinischen Begriff fasces ab, der in die römische Antike zurückreicht. Die fasces waren ein Rutenbündel – ein Bündel aus Schlagstöcken, die für die Ordnungsmacht standen –, das zudem mit einem Beil versehen war, dem Zeichen für die Macht über Leben und Tod. Die fasces, welche im antiken Rom die „höchste Macht“ symbolisierten, wurden seinerzeit den leitenden Staatsbeamten vorangetragen. Mussolini bediente sich dieser alten Symbolik und glaubte sich in der Nachfolge des großen und mächtigen Römischen Reiches. Sein Selbstbild als mächtigster Mensch sollte sich in der Symbolik widerspiegeln. Besonders Adolf Hitler, welcher ein langjähriger „Verehrer“ Mussolinis war, nahm sich dessen Idee zum Vorbild und adaptierte dessen Bewegung für sein „Drittes Reich“. Zudem folgte er dem Italiener in der Selbstbezeichnung als Führer, was auf Italienisch Duce heißt.

 

 Woher stammt der Rassismus der Nationalsozialisten?

Die Nationalsozialisten glaubten, sich an einer natürlichen Weltordnung zu orientieren. Die Lehre von Charles Darwin hat in der zweiten Jahrhunderthälfte der 19. Jahrhunderts viele Anhänger gefunden, vorwiegend in Bezug auf die natürliche Auslese. Die Beobachtungen aus der Tier- und Pflanzenwelt, die sich auf Jahrmillionen bezogen, wurden nun auf den Menschen und dessen aktuelle Situation übertragen und es entstand die Lehre des Sozialdarwinismus – besonders bekannt wurden die Werke von Joseph Arthur de Gobineau. Die Rede war hierbei vom „Kampf ums Dasein“ und dem Überleben des Stärkeren. In einer Zeit, wie der des Imperialismus, fiel die Lehre auf fruchtbaren Boden, denn „stärkere“ Nationen haben sich globalen Einfluss erkämpft. Damit bestätigte sich vermeintlich ein Herrschaftsanspruch über die Menschheit. Man dachte, dass sich die Weltbevölkerung in Rassen unterteilen ließe; die europäischen Kolonialmächte seien als nordische Rassen aus der damaligen Perspektive allen anderen überlegen. Mit Bezug auf damalige sprachhistorische Forschungen über die Entstehung und Verwicklung verschiedener Sprachen wurde eine indogermanische Sprachfamilie ausgemacht. Die Nationalsozialisten griffen mit dem Begriff „Arier“ eine Bezeichnung aus dem altindischen Sanskrit auf, der zu ihrer Rassenideologie passte, bedeutete er doch „der Edle“.

 

Warum nutzen die Nationalsozialisten den Begriff „Arier“ und zu welchem Zweck?

Der Begriff „Arier“ erfuhr durch die Nationalsozialisten eine Umdeutung, deshalb ist die ursprüngliche Bedeutung vor derjenigen im Nationalsozialismus zu unterscheiden. Als „Arier“ bezeichnete man ursprünglich einen Angehörigen der indoiranischen Sprachgruppe. Im 19. Jahrhundert benutzten europäische Gelehrte den aus dem altindischen Sanskrit (Sprache) stammenden Begriff zur Bezeichnung der indoeuropäischen oder indogermanischen Völker, die bereits mehrere tausend Jahre zuvor in Indien, Persien und Europa siedelten. Außerdem bezeichnen sich mehrere Volksgruppen in Vorder- und Mittelasien selbst als „Arier“. Die ursprüngliche Bedeutung lautete „Edler“; wie „edel“. Im Nationalsozialismus wurde diese Bedeutung aufgenommen und weiter ausgeformt. Der Arier erhielt ein konkretes Erscheinungsbild und war nunmehr ein großer, starker und kerngesunder Mann mit blonden Haaren und blauen Augen, der allen anderen Rassen als weitaus überlegen galt. Dies war das Idealbild der „arischen Rasse“, das Adolf Hitler wesentlich prägte. Im Zuge der Nürnberger Rassengesetze von 1935 gründeten die Nationalsozialisten außerdem den Verein „Lebensborn“, wobei arische Frauen in Lebensborn-Heimen unterstützt wurden, arische Kinder zur Welt zu bringen, um eine Maximierung der Geburtenzahlen zu erreichen. Im Gegenzug wurde zu dieser Zeit der sogenannte „Ariernachweis“ (Arierparagraph) auf die gesamte Bevölkerung ausgeweitet. Nun musste jeder eine „rein arische Abstammung“ nachweisen, um nicht als „nichtarisch“ zu gelten. Wer einen jüdischen Eltern- oder Großelternteil besaß, galt demnach nicht als Arier. Hatten jüdische Urgroßeltern allerdings ihre Kinder christlich taufen lassen, dann waren deren Kinder und Enkel laut Gesetz „reinrassige Arier“. Nichtarier durften keine Arier heiraten, wurden zunehmend aus verschiedenen Berufen sowie aus dem staatlichen Schulbetrieb ausgeschlossen. Außerdem konnten „Nichtarier“ ohne jeglichen Grund verhaftet werden.

  

Welche Moralvorstellungen erklären die Taten der Nationalsozialisten?

Die nationalsozialistische Weltanschauung zeugt für uns heute von keinerlei Art von Moral oder Empathiefähigkeit, jedoch sah es aus der Sicht der damaligen Vertreter dieser Anschauung anders aus. Untereinander standen Tugenden wie Ehre, Loyalität, Kameradschaft, Treue und Ehrlichkeit an erster Stelle. Diese Werte galten, anders als andere Wertvorstellungen, nur in Bezug auf die eigene Gruppe und nicht für alle Menschen. Im Gegensatz dazu wurden besonders den Juden Gefühle der Habgier und der Unehrlichkeit angedichtet. Durch Propaganda wurde dies den Bürgern eingeredet, wenn sie nicht von selbst bereits diese Einstellung vertraten. In ihren Augen befreiten die Nationalsozialisten mit der Judenvernichtung das Deutsche Reich von einem „Parasiten“ oder einer Krankheit. Es sei richtig, so hieß es, die Vermischung der Rassen zu beenden und die Rasse der „Arier“ zu bereinigen. Die Täter beschrieben es als schwierige Aufgabe, die ihnen auferlegt worden sei; auch wenn diese unmoralisch scheinen möge, müsse diese Aufgabe für kommende Generationen unbedingt gelöst werden. Die unmoralische Tat wird zum heroischen Akt stilisiert.

 

Warum waren die Maßnahmen gegen die Juden so extrem?

Vor Beginn des Nationalsozialismus machten Juden in Deutschland bereits einen verhältnismäßig kleinen Teil der Bevölkerung aus, nämlich ca. 1 Prozent. Dennoch oder gerade deshalb dienten sie den Deutschen während der Nachkriegszeit des 1. Weltkrieges als Sündenböcke für alles, was die deutsche Bevölkerung belastete. So wurde verbreitet, Juden wären Schuld am allgemeinen sozialen Elend, an der Inflation oder sogar an der Kriegsniederlage. Obwohl prozentual ebenso viele jüdische Soldaten in der Schlacht ihr Leben ließen wie Soldaten anderer Bevölkerungsgruppen, behauptete man, sie hätten sich vor dem Kampf gedrückt und sich stattdessen heimlich bereichert. Zudem wurde das Judentum als eigenes Volk und damit als eigene Rasse deklariert. Es hieß, Juden seien gekennzeichnet durch negative Eigenschaften. Die Maßnahmen gegen die Juden waren deshalb so extrem, weil man den Juden mittels jahrelanger Propaganda als ein übermächtiges Feindbild erschuf, dem nicht nur die Schuld an allem Schlechten, sondern auch der konkrete Wunsch, die “deutsche Rasse” auszulöschen, zugeschrieben wurde. Dabei sprach man ihnen nicht nur die Gleichwertigkeit mit anderen Bevölkerungsgruppen ab, sondern teilweise sogar das schlichte Menschsein. Im großen Stil propagierte man die sogenannte “Judenfrage”, die einer Antwort bedürfe. Damit rechtfertigten die Nationalsozialisten vor sich selbst extremste Maßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung und bemäntelten die Vernichtung öffentlich mit Begriffen wie „Reinheit“ oder „Säuberung“.

 

Warum waren die Juden Feindbild Nr. 1 im Nationalsozialismus?

Die Frage lässt sich konkret beantworten. Es gab zwei wesentliche Gründe, warum man den Fokus auf die jüdische Bevölkerung legte. Zum einen war es für die Regierung vorteilhaft, ein Volk zu beherrschen, welches nicht nur situationsbedingt zusammenhält sondern ein sehr starkes Einheitsgefühl hat. Dies lässt sich in der Regel durch die Furcht vor einem inneren oder äußeren Feind erreichen; einem „Feind“, den man klar abgrenzen und von anderen unterscheiden kann. Da es in Europa eine lange Geschichte des Judenhasses (Antisemitismus) gab, war das Feindbild bereits gegeben und wurde zunehmend ausgestaltet. Vorurteile, wie z.B. Juden seien geizig, wären korrupt und würden mit ihren Banken und Finanzgeschäften das Böse unterstützen, wurden systematisch zu einer Weltherrschaftsintention ausformuliert und gesteigert. Für viele Bürger schienen damit nachvollziehbare und gerechtfertigte Gründe für diesen Hass zu existieren. Zweitens musste die NS-Regierung einen erneuten Krieg gegenüber einer Bevölkerung rechtfertigen können, welche 20 Jahre zuvor bereits einen Krieg verloren hatte. Da die Dolchstoßlegende weit verbreitet war, die besagte, Sozialisten und Kommunisten seien der kämpfenden Truppe in den Rücken gefallen, lag folgende Erklärung nahe: „Wenn die Juden nicht mehr unter uns sind (rekurriert auf den „jüdischen Bolschewismus“, weil Karl Marx jüdische Wurzeln hatte), dann kann uns niemand in den Rücken fallen.“ Allein schon für die Deutschnationalen war diese Erklärung durchaus nachvollziehbar. Sehen wir also vom tatsächlichen Hass auf die Juden ab, so war die Judenverfolgung ein Instrument, um das im Gegensatz dazu verherrlichte deutsche Volk abzugrenzen und zusätzlich zu manipulieren.

 

Was hatte Nietzsches Vorstellung vom Übermenschen mit der Vernichtung zu tun?

In Nietzsches Buch „Also sprach Zarathustra“ lässt er seinen Protagonisten, den Eremiten Zarathustra, unter anderem auch über dessen Vorstellung vom Übermenschen sprechen. Er beschreibt den Übermenschen als jemanden, der alles ertragen könne und stärker aus dessen Leiderfahrungen hervorgehe. Es sei ein Mensch, der seine Handlungen nicht erklärt oder rechtfertigt sondern ausschließlich im Eigeninteresse handelt. Moral, Anstand und Respekt werden gänzlich beiseite gedrängt, sollten diese dem Eigenwohl im Wege stehen. Dieses Buch nutzten die Nationalsozialisten, da es ihre Ideologie der Rassenüberlegenheit stützte. Dies besonders indem sie Nietzsches Behauptung aufnahmen, man werde zum Übermenschen, indem man die Fesseln der Moral ablege (Rechtfertigung für rücksichtslose Grausamkeit) und sich jedem Leid mit Begeisterung unterwerfe (Erwartungshaltung gegenüber der deutschen Bevölkerung bzgl. des Gehorsams und des Leidenswillens), da man so gestärkt als eine über allen anderen Menschen stehende Rasse aus diesem Leid hervorgehe.

 

Was hat Nietzsches Vorstellung vom Übermenschen mit der Vernichtung zu tun?

Friedrich Nietzsche war ein deutscher Philosoph, der versuchte die Grundprinzipien der menschlichen Existenz mithilfe der kulturellen Erzeugnisse des alten Griechenlandes zu ergründen. Dabei beschäftigte er sich besonders mit der Frage, ob alle Menschen gleich seien, was sie tun dürften und, ob bestimmte Menschen aufgrund ihrer Beschaffenheit mehr dürften als andere. Letztere Frage bejahte Nietzsche. Er entwickelte den Gedanken an einen Übermenschen, der sich frei von jeder Moral selbst verwirklicht. Dieser Übermensch soll die Menschheit als “Spitze der Entwicklung” ablösen, womit er gleichsam das Recht erhält, andere zu vernichten. Die Aufgabe der Menschheit sei es demnach nur, diesen Übermenschen hervorzubringen. Die Nationalsozialisten nutzten vorhandene kulturelle Erzeugnisse und Ideen, wenn sie mit ihren eigenen Vorstellungen korrelierten. Nietzsche darf mit seiner Vorliebe für die echte Aristokratie (Herrschaft der Besten), die in seinen Werken zum Ausdruck kommt, daher als Vorbote des Nationalsozialismus gelten. Nietzsches Übermensch war demnach eine Grundlage für die ideelle Ausformung des Ariers (des Edlen) bereits in der Entstehungszeit der NS-Ideologie.

 

Wie sollte die „Reinheit“ der „Arischen Rasse“ hergestellt werden?

Die Nationalsozialisten verfolgten eine radikale Rassenlehre, die aus Pseudowissenschaften, der Rassentheorie und der Rassenhygiene, bestand. Aus der Rassentheorie übernahmen sie die Vorstellung, die Menschheit lasse sich in verschiedene Rassen einteilen und einstufen. Im eigenen Reichgebiet unterschieden sie vor allem zwei Rassen: den Arier und den Juden. Die Arier, so die Nationalsozialisten, seien die auserwählte und allen überlegene Rasse. Die Juden hingegen seien das Gegenteil und damit als niedrigste Rasse anzusehen. Da der Arier zum Herrschen über die Menschheit bestimmt sei, müsse die rassische „Reinheit“ gewährleistet sein. Hierzu wurden Theorien und Institutionen zur Rassenhygiene (Rassenpflege) aufgestellt und aufgebaut. Zudem wurden Gesetze, wie die Nürnberger Gesetze erlassen, die etwa Ehen und Geschlechtsverkehr mit Juden unter Strafe setzten. Die Erreichung der „Reinheit“ sollte dabei stufenweise erfolgen. Bestimmte Rassen sollten durch Völkermorde gänzlich ausgerottet werden, andere sollten zunächst geduldet und sklavenähnlich als Arbeitsvolk gehalten werden (z.B. Slawen).

 

Was wollte man mit der Eugenik erreichen?

Das Wort „Eugenik“ kommt vom griechischen Wort eugenes und bedeutet „edelgeboren“ oder „von edler Abstammung“.  Unter Eugenik wird die Lehre von der Verbesserung des biologischen Erbgutes des Menschen verstanden. Man ging davon aus, dass z.B. die gemeinsamen Kinder zweier sehr sportlicher Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr sportlich seien. Analog dazu stellte man sich dies bei Eltern mit hohem IQ oder künstlerischem Talent vor. Die Nationalsozialisten waren besessen von der Rassenforschung und mithin der Verbesserung der eigenen körperlichen und geistigen Veranlagungen. Sie versuchten mithilfe von Eugenik, eine stärkere, schnellere und klügere Generation von Deutschen zu erzeugen, indem sie einerseits die Verbindung von aus ihrer Sicht ungeeigneten Nichtariern mit Ariern zu verhindern suchten und andererseits geeignete, dem arischen Menschenbild entsprechende Paare zusammenbrachten. Teils betrieben ideologisch indoktrinierte Eltern selbst diese Auswahl, teils wurden diese in staatlichen Einrichtungen forciert (Lebensborn). Mit den Nürnberger Rassengesetzen war nicht nur die Eheschließung zwischen den dort definierten Juden und Ariern verboten, sondern auch der Geschlechtsverkehr.

 

Wie wurden Juden legal unterdrückt?

Die legale Unterdrückung der Juden unter den Nationalsozialisten fing mit der Machtübernahme Adolf Hitlers im Jahr 1933 an. Anfangs wurden Gesetze erlassen, welche den Juden die Ausübung bestimmter Berufe verboten. Um nur einige Beispiele zu nennen, mussten jüdische Ärzte etwa für ihre Dienste nicht bezahlt werden. Oder ihnen wurde verwehrt, in der Justiz zu arbeiten und in der Führung von Apotheken. Ab dem Jahr 1938 mussten Juden 65% ihres Vermögens abgeben, sollten sie versuchen ihr Geld außerhalb Deutschlands zu deponieren, später 96%. Es wurde ihnen untersagt, zu wählen. Nachdem die Nürnberger Gesetze in Kraft traten, musste jeder beweisen, dass seine Familie bis zu den Großeltern „rein arisch“ war; andererseits folgten Konsequenzen und rechtliche Einschränkungen, die etwa Victor Klemperer in seinem Tagebuch darlegte.  So bekam am 1. Januar 1939 jeder Jude einen Zwangsvornamen. Männer hießen Israel und Frauen Sara. Seit dem Herbst 1941 mussten die Juden öffentlich den gelben „Judenstern“ tragen, damit sie von der übrigen Bevölkerung unterschieden und im öffentlichen Leben umgehend ausgeschlossen werden konnten. 

 

Welche Rassen wurden in der Propaganda der Nationalsozialisten als minderwertig eingestuft?

Hitler erklärte sich die gesamte Menschheitsgeschichte als fortwährenden Rassenkampf. Besonders Juden wurden in der NS-Rassenideologie als Feind angesehen. Doch auch andere Gruppen wurden vom NS-Regime als rassische Feinde betrachtet. Sie wurden verfolgt, inhaftiert und „vernichtet“. Zu diesen „feindlichen“ Gruppen gehörten Sinti und Roma, Menschen mit Behinderungen, sowjetische Kriegsgefangene (sog. jüdische Bolschewisten), Afrodeutsche (aus ehemaligen Kolonien) und Juden. Auch politische Gegner, Zeugen Jehovas, Homosexuelle und sogenannte „Asoziale“ galten als Feinde oder wurden als Sicherheitsrisiken eingestuft. Teils widersetzten diese sich bewusst dem NS-Regime, teils entsprach ihr Verhalten nicht den Vorstellungen der Nationalsozialisten. Die Nationalsozialisten versuchten, inländische Nonkonformisten (Andersdenkende) als „Rassenbedrohung“ einzustufen und in Form einer fortwährenden Selbstbereinigung der deutschen Gesellschaft zu beseitigen. Hitler war der Meinung, dass die Charaktereigenschaften, Einstellungen, Fähigkeiten und das Verhalten einer Person durch ihre rassische Zugehörigkeit bestimmt würden. Demnach würden sich die Rassen oder Völker nicht nur bezüglich ihrer äußeren Merkmale und Züge unterscheiden, sondern auch bezüglich ihrer inneren Merkmale. Der ideale Deutsche (damals als Arier bezeichnet) sollte also nicht etwa nur groß und schlank sein, blonde Haare und blaue Augen haben, sondern auch stolz, mutig, heterosexuell, familienverbunden, patriotisch etc. sein. Abweichungen jeglicher Art sollten demnach aus dem „Volkskörper“ herausgezüchtet werden.

 

Warum verfolgte man Sinti und Roma?

Sinti und Roma, lange als fahrendes Volk verschrien und „Zigeuner“ gescholten, waren in Europa schon immer ein Volk, welches nie Anschluss an die sesshafte Bevölkerung gefunden hatte. So wurden sie immer benachteiligt oder ausgegrenzt. Die NS-Regierung hatte zudem die Politik weitergeführt, die bereits in der Weimarer Republik ihren Ursprung hatte. Denn damals wurden Regelungen eingeführt, welche Sinti und Roma z.B. den Aufenthalt an bestimmten Plätzen oder die Teilnahme an bestimmten Veranstaltungen untersagte. Auch hier galten ähnliche Ziele der NS-Regierung wie bei der Ausgrenzung der Juden: Abwertung einerseits und Distinktion andererseits. Gerade eine nomadische Lebensweise stand in absolutem Gegensatz zur Blut-und-Boden-Ideologie der Nationalsozialisten, bei der es darum ging, über Generationen den Boden als Bauern zu bearbeiten und zu verteidigen. Die gezielte Ausgrenzung auf Grund von Aussehen, Religion oder Kultur konnte also das deutsche Volk auf NS-Werte einschwören.

 

Wie änderte das Freund-Feind-Bild die Menschen?

Obwohl die Nationalsozialisten etliche Boykotte gegen die Juden organisierten, verhielt sich die deutsche Bevölkerung vorerst passiv. Nur vereinzelt beteiligten sie sich an diesen, halfen jedoch nur selten ihren jüdischen Nachbarn. Erst nach der Verabschiedung der Nürnberger Gesetze im Jahre 1935, in denen die Ehe und außereheliche Beziehungen zwischen „Ariern“ und Juden verboten wurden, nahmen Drohungen und Beschimpfungen auf den Straßen zu. Deutsche wurden aufgefordert, jüdische Geschäfte nicht zu betreten, an deutschen Geschäften wurden „Juden unerwünscht“-Schilder angebracht, um den Judenhass und die Verabscheuung zu schüren. Ärzte verweigerten die Behandlung jüdischer Patienten und Kinder, die sich vorher solidarisch verhielten, grenzten befreundete jüdische Kinder durch den Einfluss der Hitlerjugend, dem Bund deutscher Mädel und der Eltern aus. Ausnahmen gab es nur selten. Eine wesentliche Rolle spielte dabei das Zugehörigkeitsgefühl zu einer als höherwertig eingestuften Gruppe (Arier), die künftig den Übermenschen ausbilden sollte. Davon grenzte man diametral das Feindbild des Juden ab, dem alle als negativ angesehenen Eigenschaften zugeschoben wurden.

 

Welche Wirkung und Bedeutung hatten die Massenmedien bei der Verbreitung der Propaganda auf die Bürger?

Die Nationalsozialisten mussten für den Machterhalt ihrer Diktatur ihre Ideologie und damit die Ideen, Werte und Prinzipien eindringlich vermitteln. Sie waren sich der Bedeutung dessen für die Stabilisierung ihrer Herrschaft bewusst. Entsprechend haben sie erstens die Pluralität der Zeitungen radikal eingeschränkt und sie „gleichgeschaltet“, das heißt, dass sie sich politisch-ideologisch nicht mehr unterschieden und nur noch die offizielle Parteilinie berichteten. Die Gleichschaltung wurde in allen politischen und gesellschaftlichen Bereichen zügig vorangetrieben, sodass bereits im Sommer 1934 nahezu jeder Bürger des Deutschen Reiches in irgendeiner Weise mit der NSDAP oder einer ihrer Organisationen verbunden war. Zugleich haben sie die Bedeutung der neuen Massenmedien erkannt. Plakate, Werbung, Radiosendungen, Musik, Kinofilme und Theatershows richteten sich nach der Ideologie und verbreiteten diese. Seien es etwa die Propagandafilme im Kontext der Olympiade 1936 (Verherrlichung des „arischen Menschen“) oder die belanglosen Komödien der UFA, mit der das Volk im Krieg abgelenkt werden sollte. Die Vermittlung von politisch-ideologischen Inhalten als direkte Propaganda wurde insbesondere durch politische Reden und die Live-Berichterstattung von Veranstaltungen verbreitet. So wurde die Bevölkerung täglich indoktriniert. Die Kosten für die Geräte (z.B. den Volksempfänger)  wurden reduziert, damit möglichst viele Bürger*innen erreicht werden konnten. Im Krieg wurde die Programmstruktur je nach Verlauf angepasst und im Juli 1940 ein einheitliches Reichsprogramm eingeführt. Die Sendezeiten der Regionalanstalten reduzierten sich zuletzt auf wenige Stunden pro Tag, da man den Zweck der Propaganda weitgehend für erfüllt hielt.

 

Warum wurde das System von so vielen geduldet?

Als Hitler an die Macht kam, war die Weimarer Republik an ihrem Tiefpunkt angelangt. Die Bevölkerung war politisch unsicher und bereit, den Versprechungen Hitlers zu glauben. Hinzu kam eine massive Propaganda, die alle Lebensbereiche durchdrang und den neuen Weg in jeder Hinsicht als richtig darstellte. Der Antisemitismus war weit verbreitet und wurde noch intensiviert. So taten viele Deutsche nichts, als die Juden öffentlich unterdrückt und verfolgt wurden. Zudem profitierten sie daraus. Denn durch die Verfolgung verließen viele Juden das Land. Dadurch gab es einige freie Arbeitsplätze sowie neue Wohnungen und Häuser, welche oftmals komplett möbliert waren. Letztere wurden zu günstigen Preisen an Parteinahe vergeben. Andere wiederum hatten Angst, selbst zum Opfer von Verfolgung und Ausgrenzung zu werden. Denn wer auch immer Juden versteckte oder ihnen half, wurde beschattet, fotografiert und öffentlich gedemütigt. Nur wenige traten öffentlich dagegen an. Sie wurden inhaftiert und oft hingerichtet.

 

Wie vereinnahmen die Nationalsozialisten Kinder und Jugendliche?

Die Kindheit wurde im Nationalsozialismus stark durch Institutionen beeinflusst, wie etwa der Hitlerjugend (HJ) und dem Bund Deutscher Mädels (BDM). Andere Jugendverbände wurden schlicht verboten. Dadurch hatten sie einen großen Einfluss auf die Erziehung. Auch in der Schule wurden kriegsbezogene Themen integriert und jedwedes Fach wurde mittels der Ansichten der Nationalsozialisten überformt. Den Verlauf einer Front analysieren oder bestimmte Rechnungen zum Abwurf von Bomben anstellen, dies waren Aufgaben im Unterricht. Sogar in Kinderbüchern wurde die Ideologie vermittelt. Man sang propagandistische Lieder, lernte, wer der Feind ist, wem und wie er schadet. Die Erziehung verlagerte sich aus der Verantwortlichkeit der Eltern zunehmend auf die Schule und das öffentliche Leben. Der Alltag der Kinder und der Jugend wurde von NS-Ideologie, HJ und BDM vereinnahmt. So brannten sie ihre Ideologie und Denkweise schon in die Köpfe der Kinder ein.

 

Wieso unterstützte die Wehrmacht die SS bei den Massenmorden?

Die direkt hinter den Frontlinien nachfolgenden Erschießungskommandos, deren Aufgabe es war, Juden ausfindig zu machen und zu töten, gehörten in der Regel der SS an. Dennoch haben neben den SS-Truppen manchmal auch angehörige der Wehrmacht und damit normale Soldaten an Erschießungen teilgenommen; teils aktiv, teils als Zuschauer. Zudem sind Fälle bekannt, in denen sie sogar dazu eingeladen wurden, an Erschießungen teilzunehmen. Die teilnehmenden Soldaten der Wehrmacht sahen es als Zeitvertreib an und es entstand ein Erschießungstourismus. Einige berichteten später sogar – sie wurden geheim in Kriegsgefangenschaft abgehört –, sie hätten Spaß daran gehabt, etwas zu tun, was normalerweise nicht erlaubt war, sowie ein totales Machtgefühl über die Opfer zu haben. Als der Befehl erging, man habe sich an diesen Erschießungen nicht zu beteiligen, und diese seither vorwiegend nachts stattfanden, gab es trotzdem noch Soldaten, die es für den „Thrill“ dennoch taten.

 

Wie vertreten die Soldaten ihre Taten vor sich selbst?

Im NS-Regime wurde von Anfang an eine Moral vertreten, die das Morden durch Soldaten gutgeheißen hat. Die Soldaten sollten sich dabei sogar als „gute Kerle“ ansehen, sogar bei begangenen Kriegsverbrechen. Himmler, führender NSDAP-Politiker, sagte über sie aus, sie seinen „anständig geblieben“, trotz oder gerade wegen des Wissens um die Taten. Die Soldaten sollten sich dem Führer, also Hitler, und dem arischen Volk verpflichtet fühlen. Die für das deutsche Idealbild wichtigen Wertvorstellungen von Reinheit und Ordnung wurden ihnen intensiv eingeprägt. Die Verbrechen der Soldaten wurden zu guten Handlungen, denn es hieß, dass das Beschmutzen oder die Verschmutzung der deutschen Rasse mit allen Mitteln zu verhindern sei. Dies gab dem Töten einen zusätzlichen Sinn. Das Kameradschaftsdiktum brachte zudem eine Art von Akzeptanz für die entstandenen Situationen mit sich, durch die man gemeinsam hindurch musste: Massenmorde, Judenverfolgung, Auftragsmorde oder Folter. Auch das Pflichtgefühl, was die Masse der Soldaten verinnerlicht hatte, trug dazu bei, die eigenen Taten gutzuheißen. Seine Pflicht zu tun und dafür bereit zu sein, auch Wehrlose zu töten, schien den meisten Soldaten legitim, wenn nicht sogar selbstverständlich zu sein.

 

Wie wirkte sich der Gebrauch von Drogen bei der Vernichtung aus?

Anfangs war es eine Pille gegen den Alltagsstress, dann wurde sie regulär an der Front eingesetzt: PERVITIN. Pervitin – oder auch Panzerschokolade genannt – hält das körpereigene Adrenalin fest. Man fühlt sich nicht mehr müde sondern munter, nicht mehr hungrig sondern satt und statt gestresst, fühlte man sich euphorisch und selbstsicher. Drogen wurden demnach dazu eingesetzt, die Soldaten funktionsfähig zu halten. Von den „positiven Wirkungen“ dieser Pille machte das Militär regen Gebrauch. Die Soldaten sollten an der Front länger durchhalten und schnelle Durchmärsche ausführen können. Im Jahr 1940 wurden 35 Millionen Dosierungen Pervitin an die deutsche Wehrmacht ausgegeben. Mitte 1940 wurde auf dieser Grundlage Frankreich in wenigen Wochen erobert. Zudem wurde die Wunderpille im Luftkrieg der Deutschen gegen England eingesetzt. Zu den Nebenwirkungen gehörten Schwindelanfälle, Depressionen, Schweißausbrüche oder Wahnvorstellungen. Das hohe Suchtpotenzial dieser Droge wurde schon bald deutlich. Reichsgesundheitsminister Leonardo Conti stellte es daraufhin unter Rezeptzwang, aber nicht an der Front. Die Einsätze im Pervitinrausch wurden immer extremer. Erschießungskommandos erledigten ihre Befehle munter, euphorisch, selbstsicher.

 

Warum meinten einige Soldaten, dass nur der Zeitpunkt der Vernichtung schlecht gewählt gewesen sei?

„Nach dem Krieg wäre alles günstiger gewesen“, meinte ein deutscher Soldat in Kriegsgefangenschaft bezüglich der Vernichtungsaktionen des NS-Regimes. Damit sind die Ermordung unzähliger Juden und weitere grausame Taten gemeint, die vorwiegend im Zuge des 2. Weltkriegs geschehen sind. Am 22. Juni 1941 marschierte die deutsche Wehrmacht in die Sowjetunion ein. In der Novemberhälfte des Jahres 1942 versuchte die Wehrmacht, Stalingrad zu erobern. Dabei sprach Hitler bereits früh vom Sieg. Schon bald stellte sich aber heraus, dass die Truppen zurückgedrängt und die Soldaten in Stalingrad eingekesselt waren. Sie waren ohne genügend Nachschub an Proviant, wärmerer Kleidung, Waffen usw. in einer ideologischen Schlacht von Hitler geopfert worden, der die Realitäten an der Front nicht wahrhaben wollte. Die Soldaten machten aber nicht Hitler für die taktischen Fehler verantwortlich. Es keimte bei einigen vielmehr die Meinung auf, dass es günstiger gewesen wäre, wenn sie die Juden erst nach dem Krieg getötet hätten. Dies entsprang einer Rechtfertigungslogik, die Holocaust und Kriegsführung als eine doppelte Belastung wertete. Sie entsprang erschreckenderweise keinem Gefühl der Reue über die Taten, sondern dem Drang, in einer Optimierungsanalyse den vermeintlich besseren Ablauf aufzuzeigen.

 

Sich verweigern: Wie behandelte man Deserteure?

 Deserteure wurden zur NS-Zeit in den meisten Fällen mit dem Tode bestraft; in manchen Fällen wurde auch eine langjährige Zuchthausstrafe auferlegt. Für Hitler waren Wehrmachtsdeserteure Staatsfeinde Nummer eins. Als Deserteur galt man dann, wenn man eine militärische Verpflichtung in Kriegs- und Friedenszeiten verweigert hat oder ihr fernblieb. Die meisten SS-Soldaten trauten sich nicht, etwas gegen die grausamen Befehle zu sagen, da sie fürchteten, hart bestraft zu werden. Die, die es taten, wurden meist ignoriert oder erhielten Freiheitsstrafen oder sogar die Todesstrafe. "Der Soldat kann sterben, der Deserteur muss sterben", lautete Hitlers Weisung. Dahingehend wurden Deserteure, Verweigerer und "Kriegsverräter" von der NS-Militärjustiz zu Tode verurteilt. Etwa 20.000 Deserteure wurden nachweislich hingerichtet; die Dunkelziffer dürfte größer sein.

 

Warum sind nicht alle Juden geflohen?

Ab dem Zeitpunkt, an dem Adolf Hitler als Reichskanzler eingesetzt wurde, setzten die ersten angstbedingten Fluchtbewegungen von Juden ein. Von 1933-1938 verließen in etwa 130 000 Juden das nationalsozialistische Deutschland. Trotz des Terrors, mit dem Ziel die Juden zu vertreiben, wurde es im Laufe der Zeit immer schwieriger, zu fliehen. Die Möglichkeiten zur Flucht wurden immer kostspieliger, bürokratisch komplizierter und geringer. Eine Flucht kostete sehr viel Geld; vor allem, wenn man die gesamte Familie mitnehmen wollte. Zwar gehörten viele Juden zur oberen Mittelschicht, doch der Staat beschlagnahmte Besitz und Vermögen größtenteils. Der Amtsweg zur Ausreise (Ausreisepapiere) war mit vielen Schikanen verbunden. So brauchte man etwa, um das Land zu verlassen, eine Erlaubnis des Ziellandes (Visum), welche nur mit allergrößter Mühe zu bekommen war. Zudem dachten einige, dass Adolf Hitler nur kurz an der Macht sein würde, wollten Heimat und Besitz nicht verlassen oder blieben aus Patriotismus in Deutschland; auch wenn das nach der Pogromnacht eher die Minderheit war. Ab Oktober 1941 war zudem die Ausreise verboten und nur noch der illegale Weg über die Grenzen möglich.

 

Welche Rolle spielten die Kirchen?

Adolf Hitler wusste, dass die Etablierung des NS-Regimes nicht gegen den Widerstand der Kirchen zu erreichen war. Schon am 20. Juli 1933 schloss er einen Staatsvertrag mit dem Vatikan, der Hitler dessen politische Neutralität garantierte. Durch heftige Propaganda gewann er die Wahlen in der protestantischen Kirche 1933 und war nun bevollmächtigt für Angelegenheiten der evangelischen Kirche; es entstand die Reichskirche, wobei Kritiker aus ihren kirchlichen Ämtern entlassen wurden. Einige Pfarrer waren gegen die Gleichschaltung der Kirchen und bildeten den Pfarrernotbund. Dieser wurde zu einer der wichtigsten Wurzeln für die Bekennende Kirche, welche sich ab 1934 formierte. Hitler ließ alle Anhänger eines kirchlichen Widerstandes verfolgen und hinrichten. Erst mit Beginn des Krieges ließ dies nach, da die Nationalsozialisten nach einem sogenannten „Burgfrieden“ (zurückstellen innenpolitischer Konflikte) mit den Kirchen strebten. Dennoch schwiegen die Kirchen größtenteils bezüglich der Verfolgung der Juden, der Nürnberger Rassengesetze, der Pogromnacht 1938 oder der Deportationen von Juden in die Vernichtungslager. Nur wenige brachten den Mut auf dagegen anzusprechen.

 

Wieviel wusste die Bevölkerung über die Vernichtung der Juden?

Die Beseitigung der Juden wurde durch die Propaganda in Schüben vorwiegend in den Jahren 1933, 1935, 1938 klar kommuniziert. Auf die Verdrängung folgte der Wortgebrauch der Vernichtung, der Ausschaltung oder des – nach damaligem verschleiernden euphemistischen Wortgebrach – Lösens der „Judenfrage“. Gewaltexzesse gegen Juden wurden seitens der Regierung anfangs systematisch verharmlost und heruntergespielt, doch setzte ein Paradigmenwechsel mit dem Eintritt der USA in den Weltkrieg im Sommer 1941 ein. Hitler hatte bereits zuvor angekündigt, dass es eine „jüdische Weltverschwörung“ gebe, die in einen neuen Weltkrieg dränge und die letztlich von den Deutschen die Vernichtung des europäischen Judentums verlangen würde, sonst drohe der eigene Untergang. Dies war alles öffentlich. Auch die Kennzeichnung durch den Judenstern war alltäglich vernehmbar, nebst den Deportationen in den Osten. Von den Massenmorden an Juden an der Front erfuhr man von Fronturlaubern. Obwohl die NSDAP diese zu verharmlosen und zu rechtfertigen suchte, verbreiteten sich die Informationen schnell (NSDAP nannte sie daher Gerüchte). Nach dem Krieg war indes die Aussage verbreitet, man habe vom Ausmaß des Schreckens nichts gewusst.

 

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